Santa Croce, eine eindrucksvolle Klosteranlage der Franziskaner mit Hauptkirche, zahlreichen Kapellen, zwei Kreuzgängen, Nebengebäuden, Höfen und einem grossen Platz, dem sie den Namen gegeben hat. Der Eindruck beim Betreten der Hauptkirche: Man weiss sofort, dass man in einem der schönsten Räume steht, die es auf Erden gibt. Langgestreckt, hoch, weites Mittelschiff mit schönem Deckengebälk. Grabmale Dutzender grosser Gestalten von Dante Alighieri bis Enrico Marconi in den Seitenschiffen. Alles in weiches Licht getaucht, die Wände in erdigen Tönen, die strukturierenden Elemente von einer kaum für möglich gehaltenen Grazie und Ernsthaftigkeit.
Die Uffizien: das eminente Bilderhaus der italienischen Renaissance! Wie sehr diese Epoche unsere Massstäbe prägt, hat dieser Tag erneut zu Bewusstsein gebracht. Das Gebäude könnte die Ideale seiner Schätze nicht besser ausdrücken. Die beiden langen parallel gestellten Flügel, die sich von der Piazza della Signoria zum Arno hin erstrecken, setzen in der an baulichen Wundern reichen Stadt ein Ausrufezeichen. Der Platz zwischen den symmetrischen Bauten bildet einen Raum von harmonischen Massen, der mit mächtigen Parallelen zugleich den Gedanken des Unendlichen evoziert. Ist man eingetreten, so muss man erst einmal den Eindruck verkraften, vor diesen Bildern zu stehen, die wie weniges sonst für das Abendland stehen. Bei Giotto und seiner Schule kommen in sichtbarer Überwindung der steifen ikonografischen Codes die individuellen Züge der Figuren zum Vorschein. Filippo Lippi malte Gesichter, die das Formalisierte hinter sich lassen und zum unmittelbaren Gegenüber werden. Die Renaissance bewegt sich in einem definierten Kosmos: Antike und Christentum, Religion und weltliche Macht sind die Bezugsfelder und Motivwelten ihrer Kunst. Im Genre des Porträts lassen sich die Entwicklungslinien und Referenzpunkte der Epoche verfolgen: Aus den strengen Frontal- und Profilbildern werden im Verlauf weniger Künstlergenerationen raffinierte Inszenierungen von Macht und Reichtum, bis sie bei Charakterstudien und Auseinandersetzungen mit unverwechselbaren Individuen anlangen. Ein ikonografisch und in der Organisation des Bildraums kaum verändertes Sujet ist die oft gemalte Verkündigung des Engels an die Jungfrau Maria. Immer links der Engel, der eben angekommen ist, rechts Maria mit einem gerade weggelegten Buch, stets ein Aussen und Innen. Die schönste Verkündigung ist diejenige Leonardos. Ein stilles Bild. Durch das breite Format ist der Engel weit von Maria entfernt – die Botschaft kommt also „von weit weg“. Maria ist sehr zart, ganz ernst, nicht entrückt, sondern präsent, eine Angesprochene, die antworten wird. Die Landschaft im Hintergrund öffnet sich in eine klare Weite.
Die Academia mit ihrem Highlight, Michelangelos David. Diese Figur trotzt mit ihrer Schönheit und Lässigkeit allem Verschleiss. Weshalb die übergrossen Hände und Füsse? Vielleicht um die Eleganz der Siegerpose mit einem jungenhaft linkischen Element zu erden. Die Gemäldesammlung des Hauses konzentriert sich auf Mitte und Ende des 14. und das beginnende 15. Jahrhundert. Sie zeigt das Hervortreten des Renaissance-Humanismus nicht als revolutionären Bruch, sondern als kontinuierliche Entwicklung. Das Interesse am Individuum erscheint schon in der spätmittelalterlichen Goldgrundmalerei. Giovanni dal Pontes „Incoronazione della vergine“ ist das grossartige Beispiel dieser Gleichzeitigkeit von mittelalterlichen Codes und modern anmutender Charaktermalerei.
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