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Miami Beach – Key West

Der Art-Déco-District von South Beach dürfte die angesagteste Ecke im extravertiertesten Rentnerstaat der USA sein. Alt-Hippies in Fünfzigerjahre-Porsches, auf elefantenbreiten Harleys, in Cockpits gewaltiger Edel-Pickups: der Corso des American Dream auf dem Ocean Drive nimmt kein Ende. Mit ihren geföhnten grauen Mähnen, die welke Haut gebräunt vom Ganzjahressommer, bevölkern sie Beach und Bars. In dieser Open-Air-Show ist die Rolle des Touristen nicht vorgesehen. Es gibt nur die soziale Unterscheidung zwischen Geld ausgeben und Geld verdienen.

 

Mit dem Mietwagen für die Fahrt aufs letzte der Florida Keys geben auch wir ein Statement ab, das perfekt in die Szenerie des ironischen Snobismus passt. Das Upgrade, das die dunkelhäutige Beauty im Hertz-Office uns anbietet, ist ein Dreitönner mit Sechslitermaschine – genau eines von den XXL-SUV, deren grummelndes Vorübergleiten wir stets mit sarkastischen Kommentaren bedachten.

 

Key West, so erfahren wir im Hemingsway House, war in den Dreissigerjahren verarmt. Als Ernest Miller Hemingway hierher kam, gab es ausser Sloppy Joes Bar kaum Attraktionen. Heute trifft man hier auf ein gepflegtes Städtchen mit einer gebildeten und vermögenden Klientel. Alles ist so nett, so sauber, so gemütlich, dass es Mühe bereitet, sich die Hurricanes vorzustellen, welche die Keys regelmässig verwüsten.

 

Hemingsways Haus ist eine Gedenkstätte, die eine der kanonischen Figuren der amerikanischen Kultur ehrt, ohne sie zu verklären. Das Informationsblatt zeigt den Schriftsteller als hemmungslosen Womanizer, als Getriebenen und Entwurzelten. Mit Anfang Sechzig, als die gegen seine schweren Depressionen verordneten Elektroschocks begonnen hatten, sein Gedächtnis zu zerstören und er nicht mehr schreiben konnte, nahm Hemingway sich das Leben. Das wunderbare Anwesen gehörte tatsächlich einem notorisch Unglücklichen und Heimatlosen.

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